Aus der Küche heraus über die Terrasse bis hin zu unserem Tisch, wo die Servicekraft die Mühlen absetzt, poltert es: „Du bringst doch nicht grad Salz und Pfeffer hin, oder?“ Als die Servicekraft mein verdutztes Gesicht bemerkt, liefert sie die gewünschte Aufklärung: „Weil er immer gut würzt.“ Er heißt Sven Segsulka, ist 34 Jahre alt und schildert mir fünf Minuten später an unserem Starter, weshalb Nachwürzen einem Sakrileg entspräche: „Der Soja-Lack wird einfach reinhauen.“
Wie versprochen hängt der aus Sojasoße und Wein reduzierte Lack an der Zunge fest – und ich an den Worten des Kochs, der mir sachverständig beschreibt, wie das Flank Steak gleich munden werde: „Das Fleisch sollte schön zart sein und eine gewisse Tenderness aufweisen, ist von der Struktur halt ein bisschen fester, darf aber gern etwas über den Garpunkt rüber.“ Dass er leidenschaftlicher Griller ist, passt restlos zum Bild dieses am halben Körper tätowierten Mannes, der seinen vollen Bart neomaskulin wie eine Tracht trägt. „Über dem Hintern hat er sogar das Logo unseres BBQ-Rubs eintätowiert“, verrät mir sein Kompagnon Hendrik Gödtje, der ebenfalls Koch ist und im Topaz unter Tom Schmidt gelernt hat.
Dass aus den Weggefährten zwei Geschäftspartner wurden, die das Café 31 seit Januar dieses Jahres gemeinsam betreiben, bezeichnet der 35-Jährige als „Chance unseres Lebens“. Sie seien hoch motiviert und wollen das tradierte Bild des für Trauergesellschaften bekannten Cafés aus Osterholz stadtweit als Hotspot für amerikanisches Barbecue etablieren. „Unser Ziel ist es, dass gesagt wird, wir fahren jetzt zu Café 31, da kriegen wir geiles BBQ“, bringt Segsulka es auf den Punkt. Wenn alle Gerichte so auf den Teller kommen wie das „Flank Steak Asia Style“ (9,50), dem übrigens weder das Fleisch noch der Pfeffer fehlt, ist das nur eine Frage der Zeit.
Die vier Elemente guter Küche
Probiert und empfohlen: Es gibt Gerichte, deren alleinige Beschreibung die Kritik fast entbehrlich macht, da man sich schon förmlich bei der Anlese über ihre Gefälligkeit in Gewissheit wiegen kann. So auch hier bei den glasierten Spare Ribs vom Smoker mit Mac and Cheese und hausgemachtem Krautsalat (17,00). Man muss sich fast schon Mühe geben, um dieses sündhafte Stelldichein von Kalorien und Protein zu verderben, das nicht von ungefähr an Samin Nosrats vier Elemente guter Küche erinnert: Salz, Fett, Säure und Hitze. Bei den Makkaroni fehlt dem einen zwar die Chili-Note, während der andere Pfeffer vermisst – ihre Rezeption unterscheidet sich freilich nur in Nuancen.
Punktuell fehlt auch mir der Pep, meine Kritik ist zugleich aber auch eine kategorische, da ich der Idee dieses dreifachen Käsetods zwar in der Theorie frönen kann, es praktisch jedoch nicht haben muss – und mir lieber andere Laster erhalte. Wie die Spare Ribs. „Erst gehen sie 1,5 Stunden im Smoker, danach werden sie mit Apfelsaft und Cola noch mal für 2,5 Stunden im Ofen gedämpft, bis sie fall of the bone sind“, verspricht Segsulka vollmundig. Wohl wahr, das Fleisch ist kinderleicht vom Knochen zu lösen. „Man hätte mehr von der Glaze ranmachen können“, gibt Segsulka sich kritisch. Unbedingt. Ohne Glasur verbleiben die Rippchen zwar zart und solide, aber ihnen fehlt die Seele. Sie sind beliebig.
Die Geschichte unseres letzten Gerichts ist schnell erzählt: Götdjes Frau ist Vegetarierin und hat sich oft beschwert, dass die Jungs nur Fleisch anböten. Ihre Reaktion: ein Burger mit Spinat-Karotten-Pattie, Barbecue- und Burgersoße, Tomaten, Zwiebeln sowie Salat. Die Reaktion der Gäste: begeistert. „Der Burger ist ein Dauerbrenner“, freut sich Segsulka über den nach der Urheberin benannten „Sallys Best“ (12,00), ohne unerwähnt zu lassen, dass er ein bisschen das Fleisch vermisse. Zwar liebe auch ich es fast bis zur Selbstscham, wiewohl kann ich auch in fleischlosen Gefilden das volle Glück finden. Und bei dieser Burgerkreation mit dem formidabel soufflierten Cornflakes-Mantel und dem genialen Gemüsebratling sogar reichlich. Danke für die Beschwerde, Sally.
Zur Person
Temi Tesfay hat Hunger auf Bremen. Auf seinen wöchentlichen Streifzügen durch die heimische Gastroszene hat er schon viele Küchen, Köche und kulinarische Schätze der Stadt kennengelernt. Unter dem Titel „Ein Bisschen Bremen“ schreibt er außerdem einen Foodblog.
Weitere Informationen
Café 31, Osterholzer Heerstraße 31, 28307 Bremen, Telefon: 0421 / 48 54 58 21, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonnabend von 17 bis 21 Uhr, Sonntag von 12 bis 19 Uhr, Montag und Dienstag geschlossen, barrierefrei. www.cafe-31.de
July 01, 2020 at 08:00PM
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Die Barbecue-Buddies tischen im Café 31 auf - WESER-KURIER
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Sauce Chili
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