Der Held dieser Geschichte wächst auf dem Balkon von Markus Weiß in einem verzinkten Balkonkasten, hoch über einem Abenteuerspielplatz im Hinterhof, mitten im Kiez, auf St. Pauli. Hellgrün, mit gezackten Blättern und insgesamt etwas struppig ist die Pflanze und vor allem: verdammt bitter.
Vor neun Jahren hatte Markus Weiß nicht die geringste Ahnung von Wermutkraut. Und auch nicht wirklich von Wermut, dem Getränk aus Wein, Kräuteressenzen und Zucker. Die Hamburger Mediaagentur, in der er arbeitete, brauchte damals einen Geschäftsführer für die Dependance in Barcelona, und Weiß übernahm den Job. Er konnte nicht mal Spanisch, auch kein Katalan. Aber es gefiel ihm dort, die Sonne, die Leute, die Kultur – wozu insbesondere die Wermutkultur gehörte. "Man trifft sich mit Freunden am Sonntagmittag auf der Terrasse einer Bar, man redet und trinkt als Aperitif Wermut", erzählt Weiß, "das fand ich toll." Wermut auf Eis, dazu eine Olive auf einem Zahnstocher und eine Scheibe Orange. "In aller Regel macht die Bar den Wermut selbst, wenn sie etwas auf sich hält."
August 27, 2020 at 03:22PM
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